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Werden Webtexte gelesen?

von Copywriting

Text-Stratege

„Dieser Text ist viel zu lang! Bitte kürzen, denn Webtexte liest ohnehin niemand.“  Als Copywriter höre ich solche Behauptungen öfter. Es ist das typische Plädoyer dafür, sich beim Schreiben im Web wenig Mühe zu geben. Wie ist das mit der Lust am Lesen von Textmedien? Ist das bei Tageszeitungen anders?

1. Eine Frage des Messens

Ob Webtexte gelesen werden ist keine Frage der persönlichen Meinung. Es ist eine Frage des Messens. Mit Tools wie Google Analytics kannst du jederzeit feststellen, wie lange sich die User auf deinen Seiten aufhalten. Wird ein Webtext 3:00 Minuten im Schnitt gelesen, beträgt der Leseumfang bei einer Lesegeschwindigkeit von 250 Wörtern pro Minute ganze 750 Wörter. Knapp zwei DIN-A4-Seiten also. Hat dieser Webtext 1.500 Wörter, liest der durchschnittliche User den Text gerade mal zur Hälfte. Wie ist das bei Tageszeitungen, dem klassischen Informationsmedium?

2. 45 Minuten für 90 Seiten FAZ

Eine Tageszeitung wie die Süddeutsche oder die FAZ hat im Schnitt ca. 60 – 100 Seiten. Dafür bräuchte ein Leser ca. 6 Stunden, um alles von vorn bis hinten durchzulesen. Tatsächlich investiert ein guter Zeitungsleser 30 bis 45 Minuten in die tägliche Zeitungslektüre. Das ist 1/6 des Umfangs einer Zeitungsausgabe. Der FAZ-Leser ist also lesefaul, sogar noch lesefauler als unser Webleser aus dem obigen Beispiel?  Sicherlich kommt es auf das Thema an.

3. Webtexte, die Resonanz erzeugen

Der FAZ-Leser liest, was ihn interessiert: Der eine vertieft sich in die Berichte zur Tagespolitik, der andere eine Buchrezension oder eine Musikkritik. Im Web ist es genauso. Wer einen Ratgeber im Web liest, sucht nach Lösungen.  Je größer das Problem, desto größer die Bereitschaft zu lesen. Ein Beispiel:

Ortwin T., ein gut verdienender Selbstständiger, schaut die Tagesschau. Dort berichtet Judith Rakers, dass den deutschen Finanzbeamten eine CD mit deutschen Steuersündern zugestellt wurde. Ortwin T. bricht der Schweiß aus. Er denkt an die Millionen auf seinem streng geheimen Schweizer Nummernkonto, von dem das Finanzamt nichts weiß und nichts wissen darf.  Er kann die ganze Nacht nicht schlafen. Um 2:00 Uhr nachts wirft er sein Tablet an und googelt Begriffe wie  „Steuerhinterziehung“, „Selbstanzeige“ etc. Er findet einen Beitrag eines Steuerexperten, der einen Umfang von 15.000 Wörtern hat. Das entspricht dem Umfang von ca. 30 Zeitungsseiten. Ortwin T. liest diesen Webtext von vorn bis hinten, schläft noch ein paar Stunden und ruft dann nach dem Frühstück diesen Steuerexperten an. Hätte ein unbescholtener Rentner den Ratgeberartikel zu Steuerhinterziehung gelesen? Eher nicht, weil dieses Thema nicht zur persönlichen Situation des Rentners passt und entsprechend wenig Resonanz erzeugt.

4. Was macht einen Webtext zum Bestseller?

Ein Text wird zum Bestseller, wenn er Resonanz erzeugt. Das gilt für alle Texte, nicht nur für Beiträge auf einer Website. Folgende Dinge sind dabei wichtig:

  • Der Autor kennt sein Publikum und schreibt einen Text, der den Nerv seiner Zielgruppe trifft.
  • Der Autor schreibt fesselnd, bildhaft und prägnant.
  • Der Text ist übersichtlich und abwechslungsreich. Auf dem Smartphone lässt er sich ebenso gut lesen wie auf dem Desktop. Neben Text gibt es Bilder, übersichtliche Listen, vereinzelt ist auch ein Erklärvideo eingebaut.

Wenn Ortwin T. Glück hat, ist der Beratungstext zum Thema „Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung“ für besten Lesekomfort optimiert. Vermittelt der Ratgeber Fachkompetenz und verspricht er eine gute Lösung, wird der Anwalt, der den Text auf seiner Webseite geschrieben hat, in Kürze einen Mandanten mehr haben.

5. Fazit: Lesefaul sind wir alle

Wir lesen nur, was uns interessiert und fesselt. Das kann ein Buch, eine Zeitung, eine Werbeanzeige oder ein Webseitentext sein. Faszinierend schreiben kann nur der, der seinen Leser kennt, sein Schreibhandwerk beherrscht und seinen Text gut inszenieren kann. Wichtig ist natürlich, dass der Webtext ausreichend Sichtbarkeit im Web hat. Dabei hilft Content SEO.

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Andreas Wieland

Andreas Wieland

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